HORIZONTE
Im Gespräch mit Veronika Nestler, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats St. Hubertus und Mariä Geburt
Die Kirchengemeinde St. Hubertus und Mariä Geburt in Köln Stammheim /Flittard / Bruder Klaus bildet mit der Kirchengemeinde St. Clemens und Mauritius seit dem vergangenen Jahr eine Pastorale Einheit.
Wir wollten wissen, welche Ideen, Wünsche und Veränderungen dieser neue Horizont mit sich bringt.
Was würden Sie antworten, wenn jemand Sie fragt: „Warum bist du eigentlich noch in diesem Verein, der katholischen Kirche?
Ich bin im katholischen Glauben groß geworden. Und ich möchte die Kirche nicht denen überlassen, die ein falsches Bild vermitteln. Mir kommt es darauf an, dass der Glaube erhalten bleibt, dass das, was Jesus Christus angefangen hat, weitergeht.
Sind Sie dabei nicht ein bisschen allein gelassen, z. B. von denen „da oben“?
Ja. Bei vielen Dingen, die wir bewegen möchten, sind wir an Entscheidungen von „da oben“ gebunden. Alles dauert viel länger und braucht eine Menge Geduld. Aber hier vor Ort fühle ich mich nicht allein gelassen. Es gibt hier viele Menschen, die ehrenamtlich tätig sind. So waren bei der letzten Wahl mehr Frauen und Männer bereit, im Pfarrgemeinderat mitzuarbeiten, als Plätze zu besetzen waren. Für jeden Ortsteil gibt es eine Gemeindevertretung (in Mülheim sagt man „Ortsausschuss“), die mit weiteren Helfern z. B. Pfarrfeste organisiert. Es gibt drei Chöre und Jugendliche, die andere Jugendliche zur Firmung vorbereiten. Seit zehn Jahren besuchen engagierte Mitglieder unserer Pfarrei Eltern, die wollen, dass ihre Kinder getauft werden. Die Taufbegleiter sprechen mit den Familien nicht nur über den Termin und die Vorbereitung des Taufgottesdienstes, sondern zeigen mit ihrem Engagement auch, was es bedeutet, Christ zu sein. Sie sind dann dabei, wenn der Geistliche das Kind tauft, um zu zeigen: Hier ist eine Gemeinde, die euch – Mutter, Vater und Kind – empfängt.
Ich habe in Buchheim erlebt, wie eine ganze Menge zu Ende ging: Der Kirchenchor von St. Theresia, die Pfarrprozession, es gab keine Ministranten mehr und dann auch keine Sonntagsgottesdienste in St. Theresia.
Mit den Ministranten ging es auch bei uns abwärts, wegen Corona, aber auch weil unser Pastoralreferent, der in der Jugendarbeit tätig war, versetzt worden ist. Es gibt insgesamt weniger Ehrenamtliche, die bereit sind, konstant verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen. Manche Dinge laufen dann weniger gut, und dann darf man auch alte Zöpfe abschneiden. Vielleicht ergeben sich an einer anderen Ecke neue Wege – z. B. bei Projekten ist es einfacher, Menschen kurzfristiger zu gewinnen.
Was, meinen Sie, wird sich ändern, wenn die Pfarreien Mülheim und Stammheim – Flittard – Bruder Klaus fusionieren?
Es gibt gewisse Dinge, die in beiden Teilen der künftigen Großpfarrei weiterlaufen sollten wie bisher. Unsere Kommunionkinder könnten nicht zu gemeinschaftlichen Terminen nach Mülheim kommen. Auch die Lektoren werden für jeden Kirchort eine größere oder kleinere Gruppe bilden. Unsere Gemeindevertretungen vor Ort werden sehr viel stärker in den Fokus rücken, da sie die Menschen am Kirchturm und ihre Bedürfnisse viel besser kennen. Aber wir werden auch gemeinsame Projekte haben. Anfang des Jahres hatten wir einen gemeinsamen Termin, an dem mehrere Kirchen unserer zukünftigen Großpfarrei offen für eine Krippentour waren. Das haben auch etliche Gemeindemitglieder hüben wie drüben genutzt. Außerdem haben wir für dieses Jahr vor, viele unserer Gemeindemitglieder zur gemeinsamen Teilnahme an der Gottestracht in Mülheim zu mobilisieren.
Kirchorte – Sie haben fünf Kirchen, zusammen werden wir 13 Kirchen haben.
Man kann nicht alle Kirchen behalten. Das sind teure Bauwerke. Wir sind z. B. froh, dass wir endlich eine Lösung für unsere fünfte Kirche, St. Johannes, in Aussicht haben. Sie hätte teuer saniert werden müssen. Nun ist geplant, dass die GAG dort Wohnungen und einen Kindergarten baut. Aber hier dauerte der Prozess sehr lange – weil die „da oben“ unsere Ausdauer immer wieder auf die Probe gestellt haben.
Wir haben ja St. Elisabeth an die rumänischen Orthodoxen abgegeben, so bleiben uns also nur noch elf Kirchen. Nun ist allerdings damit zu rechnen, dass der fusionierten Pfarrei bald nur noch drei Priester zur Verfügung stehen werden …
Oder noch weniger. Unter den Gottesdienstbesuchern werden viele Senioren sein, die nicht zu weit entfernten Kirchen kommen können. Es wäre hilfreich, wenn auch Laien vor Ort alternativ einen sonntäglichen Wortgottesdienst halten dürften, damit die Menschen nicht einfach zu Hause bleiben, wenn in „ihrer“ Kirche keine Messe stattfindet.
Ob sich dafür genug Frauen und Männer finden werden?
Es gibt auch ehrenamtliches Engagement. Es ist wichtig, Laien Mut zu machen, dass sie als Getaufte und Gefirmte auch einen Auftrag haben. Schon jetzt halten wir jeden Monat, am 2. Mittwoch, in St. Mariä Geburt einen abendlichen Wortgottesdienst, der nur von Laien gestaltet wird. Gibt es schon Ideen, was man tun kann, damit die beiden Pfarreien zusammenwachsen? Die Pfarrgemeinderäte und die Kirchenvorstände haben sich bereits getroffen. Wir teilen einander mit, was an Veranstaltungen stattfindet. In den Schaukästen, auf den Homepages oder auch an den Schriftenständen werden die Veranstaltungen gegenseitig ausgehängt und beworben. Die bereits erwähnte gemeinsame Krippenbesichtigung war schon ein erstes gemeinsames Projekt.
Das müsste man ausbauen. – Ich komme noch einmal zum Anfang des Interviews zurück. Sie sagten, es komme Ihnen darauf an, dass der Glaube erhalten bleibt. Was ist Ihnen am christlichen Glauben besonders wichtig?
Ich bin im christlichen Glauben groß geworden. Ich habe erfahren, dass der Glaube an Gott Heimat und Geborgenheit schenkt und Kraftquelle ist. Und das kann er für viele sein. In meinem Glauben finde ich Antworten auf viele Sinnfragen meines Lebens. Ich habe in Gott jemanden, bei dem ich mich bedanken kann für die tolle Schöpfung, für die tollen Dinge, die in meinem Leben passieren, für die liebevollen Menschen, die mein Leben prägten und prägen. Aber ich habe mit Gott auch jemanden, der mich durch schwere Zeiten trägt und mir Trost spendet. Letztendlich ist die von Jesus vorgelebte Liebe für mich der wichtigste und zentralste Punkt im meinem christlichen Glauben. Wer sich bewusst an dieser Liebe orientiert, bemüht sich um die Menschen in seinem Umfeld, bemüht sich um ein friedvolles Miteinander, bemüht sich auch um die Natur und Umwelt. Wie viel friedvoller wäre unsere Welt, wenn sich alle Menschen an dieser Liebe orientieren würden. Daher ist es mir wichtig, meinen christlichen Glauben weiterzugeben. Nicht, um ihn anderen aufzudrängen. Sondern eher, um Menschen zu zeigen, wie gut es mir damit geht. Für dieses Bekenntnis möchte ich Ihnen danken. Schade, dass viele Menschen heutzutage vor all dem die Augen schließen und sich die Ohren zuhalten. Ich hoffe, dass es Ihnen und uns Christen trotzdem gelingt, diese befreiende Botschaft im Nordosten von Köln lebendig zu erhalten.
Herzlichen Dank für das Gespräch. Dieses Interview führte Dr. Gert Tröger
Fotos: Silke Grimm