Im Gespräch mit Familie Bajramović
Liebe Familie Bajramović, Sie sind im Jahr 2013 mit Ihren Eltern aus Bosnien nach Köln gekommen. Leider mussten Ihre Eltern dann 2016 zurück nach Bosnien.
Ihre Familie, bestehend aus 9 Familienmitgliedern lebt nun seit 6 Jahren in Köln.
Sie wirken heute sehr gut integriert in die Kirchengemeinde. Ist das so oder täuscht der Eindruck?
Der Eindruck täuscht nicht. Wir wohnten nach unserer Ankunft in Köln ja zunächst in dem Hotel auf der Frankfurter Straße. Da haben wir Marianne Arndt kennengelernt, die als Gemeindereferentin der Kirchengemeinde von St. Clemens und Mauritius die in dem Hotel lebenden Flüchtlinge mit Lebensmitteln versorgt hat. Wir haben Marianne Arndt gefragt, ob wir irgendwo irgendetwas tun könnten. Da wir während des Asylverfahrens keine Arbeitsstelle annehmen durften, wollten wir etwas tun, irgendwo helfen, statt den ganzen Tag im Hotel herum zu sitzen. Wir mussten da mehrfach nachhaken, da Marianne Arndt zunächst Vorbehalte hatte und eher skeptisch war. Sie hat etwas Zeit gebraucht, bis sie uns besser kennengelernt hat, und dann wurden wir auch zu einem Begegnungsfest in
St. Mauritius eingeladen. Das muss etwa 2014 oder 2015 gewesen sein. Da haben wir dann beim Auf- und Abbau geholfen. Ab 2016 haben wir dann auch im Don-Bosco-Club geholfen. Das ist dann so weitergegangen.
Wie sieht es denn außerhalb der Gemeinde aus? Ich denke da auch vor allem an die Kinder und jungen Leute. An welchen Aktivitäten im Veedel nehmen Sie teil?
Schon direkt ab 2014 haben wir geholfen, z. B. mit Übersetzungen. Über die WiKu (Anm. d. Red.: Willkommenskultur Mülheim) trainieren wir mittlerweile auch Kinder im Fußball. Wir nutzen unsere Freizeit für viele ehrenamtliche Aktivitäten.
Wie kam es zu der Gemeindenähe? Ihre Familie ist ja nicht katholisch und trotzdem diese Nähe zu unserer katholischen Gemeinde.Wie erleben Sie die Kirchengemeinde? Gibt es etwas, was Ihnen da besonders auffällt?
Über die Kirchengemeinde können wir nur Positives sagen. Wir haben viele Freunde gefunden, zu denen wir auch heute noch regen Kontakt haben. Wir pflegen diese Freundschaften, und das wird auch in der Zukunft so bleiben.
Wenn Sie uns drei Dinge nennen sollten, die Ihnen in dem Zusammenleben hier besonders gefallen, welche fallen Ihnen da ein?
Das Schulsystem mit den Ausbildungsmöglichkeiten und der Integration gefällt uns sehr gut. Die Unterstützung vom Staat ist wirklich gut, und als drittes gefällt uns hier die Kultur.
Und jetzt die Gegenfrage, mit welchen drei Dingen haben Sie es besonders schwer?
Schwierig war auf jeden Fall am Anfang der Unterschied zwischen den Kulturen. Das war schon schwierig, sich damit zurecht zu finden. Mit der deutschen Sprache zurecht zu kommen war und ist auch nicht so einfach. Das Dritte ist, dass man in vielen Dingen sehr viel Geduld haben muss.
Es ist sicher nicht einfach, in einem völlig anderen Lebensraum Fuß zu fassen. Hat Ihre Familie hier in Köln schon so etwas wie Wurzeln schlagen können?
Wir waren 1991 /1992 während des Bürgerkrieges ja schon einmal in Deutschland. Da war ich gerade mal so drei oder vier Jahre alt. Das hat mich schon geprägt. Als wir dann wieder zurück nach Bosnien kamen – es war ja nach dem Krieg auch sehr viel zerstört – habe ich mich dort nicht mehr wohl gefühlt. Seither fühle ich mich mehr hier zu Hause als in Bosnien. Ich empfinde das hier als mein Land, wo ich mich auch wohl fühle.
Wo sehen Sie Ihre Zukunfts-Perspektive, vor allem für ihre Kinder?
Das Hauptziel ist der Abschluss der Ausbildung, und auch für die Zukunft wollen wir uns weiterbilden. Daneben wünschen wir uns für die Zukunft natürlich Gesundheit.
Was bewegt Ihre Familie momentan besonders?
Auf jeden Fall ist das Thema Schule. Wir sprechen darüber, wer was gelernt hat und wie es in der Schule läuft. Wir freuen uns darüber, dass wir die Möglichkeit haben, hier die Schule zu besuchen und uns weiter zu bilden. Das ist das, was uns beschäftigt und uns auch die Kraft und die Hoffnung gibt.
Welches Ereignis in unserem Veedel hat Ihnen im Jahr 2019 am meisten gefallen?
Karneval war ganz amüsant, und wir hatten viel Spaß. Das hat uns sehr gut gefallen.
Wenn Sie drei Wünsche freihätten, was würden Sie sich wünschen?
Da steht die Gesundheit auf dem ersten Platz. Als Zweites wünschen wir, dass auf der Welt mehr Frieden herrscht. Die Menschen sollen gut miteinander klarkommen, und keiner soll hungern müssen. Das Dritte was wir uns wünschen ist, dass auch unsere Eltern hier bei uns in Deutschland leben könnten.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Dieses Interview führte Reinhard Linke
BÜRGERHAUS MÜTZE E.V.
Die Fotos entstanden im Bürgerpark an der Berliner Straße in Köln Mülheim. Der Bürgerpark liegt unmittelbar neben dem Mülheimer Bürgerhaus „MüTZe“. Das Bürgerhaus ist ein Sozial- und Kulturzentrum in Köln-Mülheim-Nord. Es gehört zur KölnerElf, dem Zusammenschluss der Kölner Bürgerzentren ( www.koelnerelf.de). Zielsetzung der Bürgerzentren ist, zu einem lebenswerten Köln, in dem aktive Nachbarschaft und Zusammenhalt gelebt werden, beizutragen. So bietet die „MüTZe” unterschiedliche soziale Angebote, kulturelle Vielfalt in Form von Konzerten, Lesungen, Ausstellungen – u.v. a. m. und den Besucher /Innen in seinem „Café am Park“ preisgünstige
Speisen und Getränke. Das Bürgerzentrum verfügt über ansprechende Räumlichkeiten für Kurse, Partys und Konzerte. Es bietet Menschen mit und ohne Behinderung einen regelmäßigen samstäglichen Freizeittreff und "Nachwuchs"förderung für Bands und Musiker.