Im vielfältigen Grün von Bäumen und Gräsern stehen die Skulpturen von J. Schröder, Künstler aus Grevenbroich.
Wir sitzen mittendrin und reden und schauen. Allmählich entsteht eine Idee: zwei Stelen gegeneinander gelehnt, erinnern an ein Zelt, ein offenes durchschreitbares Gebilde – in der jüdischen Tradition der Ort, an dem Gott in der Mitte seines Volkes anwesend bleibt. Kann daraus eine Installation für den Kirchplatz werden?
Es soll ein Tor sein, das eine Schwelle markiert: von der äusseren zur inneren Welt – Durchgang ins Labyrinth. Und ein Symbol für die Wege der vielfältigen religiösen Sinndeutungen. Wir beginnen zu ‚sehen‘: wie im Fliessen tröpfelnder Regenspuren werden fromme Menschen vom Fluss ihrer jeweiligen Religion mitgenommen – hinein ins Licht.
Dahin strebt jede Religion: in ein letztlich nicht mehr sagbares und fassbares Geheimnis. Vom liebenden Licht kündet jede der großen religiösen Traditionen. Dies mögen spirituelle Assoziationen sein, die fromme Menschen nähren. Und wir sind froh, dass uns auch existentielle Deutebilder in den Sinn kommen, ohne expliziten Bezug zu einer Religion.
Erinnern Sie sich an das Märchen von Frau Holle? Am Ende steht jenes Mädchen – das die Rufe der gebackenen Brote im Ofen und der reifen Äpfel am Baum zu hören vermochte und dann tat, was zu tun war – unter dem Tor: als Goldmarie wird sie überrieselt und durchwirkt von goldenem Segen.
Da stellen wir uns gerne Kinder aus dem Veedel vor: wie jedes auf der Torschwelle steht – im glänzenden Sonnenlicht, das durch den durchbrochenen Stahl fällt.
Und welcher Erwachsener würde da nicht gerne wieder zum Kind werden?
Der Weg
Das Labyrinth ist ein altes Symbol für das Leben des Menschen: Ich möchte etwas erreichen und mache mich ‚auf den Weg‘. Äussere und innere Ziele motivieren mich ‚in Bewegung zu bleiben‘. Am Eingang zum Labyrinth kann ich die Mitte – das Ziel schon sehen. Es scheint ganz nah zu sein. Aber die Wendungen der Pfade führen mich immer wieder am Ziel vorbei und an den Rand. Und dann doch – überraschend – gelange ich, allen Windungen folgend, in die Mitte!
Der gesamte Entstehungsprozess unseres Kirchplatz-Labyrinths scheint ein Sinnbild zu sein: die Strassenmarkierungsfarbe hält nur auf einem trockenen Betonpflaster; die Maler müssen immer wieder bereit sein, bei Regen innezuhalten und bei sonnigem Wetter weiterzumachen.
Einfach gehen, weitergehen – mit sanfter, beharrlicher Entschiedenheit einen Schritt nach dem anderen tun, so entsteht der Weg unter meinen Füßen.
Folge der Einladung: Komm. Geh hinein ...
Texte: Beate Bleck
Illustration: N. Bleck
Fotos: M. Häussermann Fotos, S. Grimm